I. Internationaler Schaf und Ziegenkongress

Der internationale Schaf- und Ziegenkongress unter der Überschrift „International Congress on the Breeding of Sheep and Goats“ am 15. und 16. Oktober 2020 in Bonn war sowohl von der Organisation wie auch den Inhalten eine hervorragende Standortbestimmung der nationalen und internationalen Schaf- und Ziegenhaltung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hatte trotz aller Unwägbarkeiten durch die Corona-Pandemie eine exzellente Tagesplattform geschaffen.

Bereits anlässlich des Nationalen Schaf- und Ziegenworkshop auf Einladung des BMEL in Berlin im Oktober 2019 war festzustellen, dass im Bereich der Schaf- und Ziegenzucht sowie den vor- und nachgelagerten Themenfelder fundiertes Fachwissen präsentiert wurde und das zu stillende Interesse der Züchter und Praktiker wie auch der Multiplikatoren und Wissenschaftler sehr groß war. Es wurde deutlich, dass in erheblichem Umfang wissenschaftliche Arbeiten an Instituten sowie an den Lehr- und Forschungsanstalten stattfinden, die oftmals viel zu selten zwischen Wissenschaft und Praxis sowie auch umgekehrt kommuniziert werden. Bereits anlässlich des Nationalen Workshops wurden wichtige Themenfelder rund um den Zuchtsektor bis hin zu Fragen der Umwelt- und Tierschutzes und Tiergesundheit aus dem Blickfeld der national tätigen Wissenschaft und angewandten Forschung sowie aus Sicht der Praxis vorgetragen und diskutiert.

Aufbauend auf diesen sehr erfreulichen Erkenntnissen und dem großen Themenangebot sowohl seitens der Vortragenden wieInt. Schaftagung_20200011 auch der Teilnehmer war es nahezu zwingend erforderlich, im Jahr 2020 den Internationalen Kongress durchzuführen. Mit dem I. Internationalen Schaf- und Ziegenkongress fand diese Standortbestimmung zur Situation, den zukünftigen Chancen und Möglichkeiten für die Schaf- und Ziegenzucht in den nächsten Jahrzehnten auf internationaler Ebene statt.

Von der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände, VDL, sowie dem Bundesverband Deutscher Ziegenzüchter, BDZ, wurde es sehr begrüßt, dass nicht nur die Dachverbände für die Schaf- und Ziegenzucht von Beginn an in die Kongressvorbereitung einbezogen wurden, sondern auch die Vertretung der Wissenschaft mit der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde, DGfZ, zum Vorbereitungsteam zählte. Ebenso wichtig war die Planung unter Einbeziehung entsprechender Arbeitsgruppen; insbesondere der Wissenschaftlichen Programmgruppe. Diese übernahm unter Koordination des BMEL die Festlegung der Session, die Auswahl der eingereichten Fachvorträge und die Zusammenfassung und Vorstellung der Vortragsergebnisse der jeweiligen Session.

Mit der frühzeitigen Entscheidung neben der persönlichen Teilnahme der Referenten und Besucher auch eine virtuelle Präsenz zu ermöglichen wurde frühzeitig sichergestellt, dass unabhängig von der Entwicklung der Corona-Pandemie eine Durchführung dieses Internationalen Kongresses möglich wurde; mit Erfolg.

Auch die Festlegung der Session und die Auswahl der Vorträge aus der Fülle an Vortragseingängen ermöglichte eine inhaltlichInt. Schaftagung_20200041 sehr ausgewogene wie auch anspruchsvolle Themenbesetzung. Angefangen von der Zucht und Genetik, genetische Ressourcen, Ökonomie, Umwelt- und Klimaaspekte bis hin zu Fragen der Tiergesundheit und des Tierschutzes sowie sonstiger Themen wurden für alle relevanten Aspekten ein wissenschaftliches Up-Date aus über 20 Ländern der Welt präsentiert. Erfreulich war gerade auch für die praktizierenden Schaf- und Ziegenzüchter und -halter, dass Berichte aus der Praxis bzw. speziell Ausführungen mit Hinweise für die Praxis vor Ort vorgetragen wurden. 

Ausblick für die Zukunft: Es ist festzuhalten, so die einhellige Meinung der Vorstände der Vereinigung deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL) und des Bundesverbandes deutscher Ziegenzüchter (BDZ), dass dieser I. Internationale Schaf- und Ziegenkongress seine Fortsetzung finden sollte; möglichst in Abständen von 3-4 Jahren. Die Vorbereitung und technische hervorragende Durchführung mit drei Parallelsessions und Simultanübersetzung, Themenauswahl und die gesamte Betreuung der Referenten und Teilnehmer vor Ort wie auch virtuell waren beispielgebend. Die Tatsache, dass die fast dreifache Anzahl an Vorträgen zu den verschiedenen Sessions eingereicht wurde wie Kapazitäten vorhanden waren, zeigt, dass weltweit nach wie vor im Schaf- und Ziegensektor Forschung stattfindet. Auch die Zahl der weltweit gehaltenen Schafe und Ziegen sowie die Rassenvielfalt beweist die große Bedeutung, die Schaf- und Ziegenhaltung zur Ernährungssicherung, für den Erosionsschutz und Stärkung der Biodiversität beitragen kann.

In der Schaf- und Ziegenhaltung wurde in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft der Kreislaufgedanken und die überwiegend flächenbezogene Erzeugung von Milch und Fleisch einen unverzichtbaren Stellenwert einnehmen; mit der nicht zu leugnenden Konsequenz, dass die erforderlichen Erzeugerpreise oftmals mit den Billigprodukten aus Intensivproduktionen nicht konkurrieren können und Bestandsrückgänge die Folge sind; insbesondere wenn die gesellschaftlichen Leistungen der Schaf- und Ziegenhaltung im Rahmen des Küstenschutzes und der Landschaftspflege nur unzureichend finanziell unterstützt werden.

Für die nächsten 30 Jahre ist davon auszugehen, dass Schaf- und Ziegenzucht und -haltung weiterhin nicht nur in Deutschland, sondern weiterhin weltweit einen wichtigen Stellenwert einnehmen werden. Es ist ferner davon auszugehen, dass gerade zur Nahrungsmittelsicherung bei weiteren Anstieg der Weltbevölkerung gerade die kleinen Wiederkäuer weiterhin eine unverzichtbare Rolle spielen; Sicherung von tierischem Eiweiß als Nahrungsgrundlage in Drittländern auch bei karger Futtergrundlage.

Forderungen und Konsequenzen aus dem I. Internationalen Schaf- und Ziegenkongress:

-        Kontakte zu den weltweit aktiven Forschungseinrichtungen untereinander vernetzen.

-        Forschung rund um den Bereich der Schaf- und Ziegenzucht weltweit fortsetzen und fördern.

-        Wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse unter Nutzung der Digitalisierung kommunizieren und den Austauschs mit der Praxis fortsetzen.

Grundlage für eine zukunftssichere Schaf- und Ziegenhaltung ist neben der Präsentation neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und dem Austausch mit den Multiplikatoren und Praktikern, das Angebot von Ausbildungsplätzen für den Einstieg in die Schaf- und Ziegenhaltung sowie die entsprechenden wissenschaftlichen Studiengänge; insbesondere vor dem Hintergrund des anstehenden Generationswechsels. Wichtig ist ferner, dass parallel zur wissenschaftlichen Arbeit von staatlicher Seite die fachliche Betreuung der Züchter und praktischen Schaf- und Ziegenhalter für die Tierzucht, -gesundheit, Produktionstechnik und Ökonomie sowie die Bereiche Tier- und Umweltschutz sichergestellt werden.